Enricos Reisenotizen
Zu Besuch bei der Kaiserin
Ok, ich gebe es zu: ich bin ein Sisi-Fan, irgendwie erinnert sie mich immer ein bisschen auch an Prinzessin Diana. Klar, dass ich mich auf meiner letzten Pressereise entlang der Straße der Kaiser und Könige besonders auf Schloss Gödöllő freute.
Gödöllő war das Lieblingsschloss von Kaiserin Elisabeth, das sie immer wieder dazu nutzte, um vor dem strengen Reglement des Wiener Hofs fliehen zu können. Hier konnte sie auch ihrer großen Leidenschaft dem Reiten nachgehen.
Sogar eine beheizbare Reithalle wartete hier auf die ungarische Königin, sodass sie mit ihren Pferden auch bei Schlechtwetter trainieren konnte.
Das Schloss hat eine sehr wechselhafte Geschichte. Ursprünglich wurde es von Antal Grassalkovich I. gebaut, der gleich das ganze Dorf gekauft hatte. Grassalkovich war ein Vertrauter Maria Theresias, die auf dem Schloss auch einige Tage zu Besuch weilte. Sisi bestand bei ihren Besuchen darauf im Zimmer Maria Theresias zu schlafen, angeblich verehrte sie die Maria Theresia sehr.
Sein Sohn, Antal II. erweiterte das Schloss, zeigte aber leider in finanziellen Dingen keine gute Hand, sodass der Enkel das Schloss bereits mit einem so hohen Schuldenstand übernahm, dass es sogar unter Zwangsverwaltung gestellt wurde. Die Besitzer wechselten von nun an immer wieder: auch der ungarische Revolutionär Kossuth hatte hier mit seiner Truppe einmal seine Basis.
Nach der Schlacht von Königsgrätz diente es als Lazarett und hier verliebte sich Sisi zum ersten Mal in den Besitz. Doch Franz Joseph lehnte ihren Wunsch, das Schloss zu kaufen ab, die Kassa war durch den Krieg leer und es hätte für den sparsamen Kaiser auch kein gutes Bild gemacht, in Zeiten wie diesen ein neues Schloss zu kaufen.
Schließlich kam das Schloss in den Besitz des Ungarischen Staates, der es anlässlich des Österreich-Ungarischen Ausgleichs und ihrer Krönung dem ungarischen Königspaar Sisi und Franz Joseph zum Geschenk machte, wobei sie nur Wohn- und Nutzungsrecht auf Lebenszeit innehatten.
Sisi, die die ungarische Sprache perfekt beherrschte, kam oft hier her, traf sich mit Personen, die am österreichischen Hof nicht so gerne gesehen wurden, ging reiten, trainierte ihre Pferde, schrieb Gedichte und konnte sich von den Wiener Intrigen erholen. Ihre häufigen Aufenthalte in Gödöllő führten zu Eifersüchteleien in Österreich, sogar die Presse nahm sich dieses Themas an.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es eine Zeitlang noch in der Horty Ära genutzt, doch nach dem Zweiten Weltkrieg ging es bergab. Das Schloss wurde geplündert, Teile von russischen Soldaten als Lager benutzt und auch als Altersheim wurde es genutzt. Erst 1990 ziehen die sowjetischen Truppen aus dem Schloss ab und es wird mit der Renovierung begonnen.
Heute strahlt schon wieder ein großer Teil des Schlosses im neuen alten Glanz. Schon von außen kann man erkennen, welch tolles Gebäude hier auf die Besucher wartet.
Am besten man erkundet das Schloss und die Ausstellungen im Rahmen einer Führung, da hier nicht nur Informatives über das Schloss, sondern auch über die Geschichte und die Gerüchte der damaligen Zeit erzählt wird. Wie weit ging denn die Freundschaft zwischen Sisi und dem schmucken Grafen Andrassy? War Franz Joseph wirklich der Vater von Sisis Lieblingstochter Valerie?
Geschichte wird doch gleich viel interessanter und lebendiger, wenn auch noch ein paar Society-Gerüchte dabei sind, und die gab es damals genauso wie heute. Eine weitere Parallele von Sisi zu Diana…
Doch dann die ganz große Überraschung: Wir lauschen gerade den einführenden Worten des Herrn Direktors und da erschien sie: Sisi.
Majestätisch begrüßte sie uns auf Deutsch und schwebte dann die Treppe nach oben in den Prunksaal zu unserem Fototermin.
Huldvoll lächelnd spielte sie für uns Fotomodell, fächelte sich mit ihrem Fächer Luft zu, drehte eine Runde durch den Saal mit ihrer Schleppe – eben ganz königlich. Ob es so damals wohl auch gewesen ist?? (Natürlich ohne die Fotografen. Immerhin hat Sisi nach ihrem 30.Geburtstag verboten, dass von ihr Fotos oder Abbildungen gemacht wurden!)
Dann ging es noch fast zu schnell durch die Dauerausstellung der königlichen Gemächer, ein Kurzstopp in der Reithalle und im Barocktheater und schon mussten wir zum nächsten Programmpunkt weiter.
Sisi, ich komme wieder nach Gödöllö, und dann schaue ich mir alles (auch den Park!) ganz genau an – vielleicht erfahre ich dann ja auch wieder ein paar neue Society-Gerüchte von damals …
Wer noch mehr über die Reiterin Sisi erfahren möchte und vielleicht ganz zufällig in Wien ist, sollte sich die Sonderausstellung "Eine Kaiserin hoch zu Ross" im Audienzsaal der Kaiserappartements in der Wiener Hofburg anschauen (Sisi Museum und Silberkammer inklusive). Auch hier gilt: bei einer Kuratorenführung habt ihr auf jeden Fall das meiste Vergnügen. Mehr darüber auf askEnrico.
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